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Herbert Hammans in unserer Reihe „Lebendige Bibliothek“ zum Zweiten Vatikanischen Konzil:Liturgisch bewegt

91-jähriger Priester im Rollstuhl vor einem Rollup mit Texten und Bildern zur Liturgiekonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils
Sie betreffen die Gläubigen direkt und sind daher die emotional spürbarsten Reformen des Konzils: ein Bogen von der liturgischen Bewegung über die Beschlüsse von 1963 bis heute.
Datum:
9. Sept. 2025
Von:
Angela Reinders

Vorgeschichte: die liturgische Bewegung in Gebet und Gesang

Die liturgische Bewegung hatte schon eine Vorgeschichte, skizzierte Prälat Dr. Herbert Hammans eindrucksvoll. Bedeutsame Impulse zur Erneuerung gab Papst Pius X. "Die erste und unerlässliche Quelle aber, aus der dieser Geist geschöpft wird", so hatte Pius X. im Motu proprio "Tra le sollecitudini" 1903 betont, "ist die aktive Teilnahme der Gläubigen an den heiligen Mysterien und an dem öffentlichen und feierlichen Gebete der Kirche." 

Das betraf zunächst die Beteiligung der Gemeinde am Gesang. Hammans erinnerte sich, dass das Bistum nicht auf die Lizenzausgabe der bekannteren deutschen Messbuch-Ausgaben von Pater Anselm Schott OSB (1843-1896) setzte, als 1949 mit "Oremus" das erste Gebetbuch und Gesangbuch für das Bistum Aachen erschien, sondern auf die Übersetzungen von Pater Urbanus Bomm OSB (1901-1982) im Verlag Benziger. 1971 erschien das "Oremus" in einer Übergangsausgabe zum "Gotteslob", das 1975 erstmals für alle Bistümer einheitlich herausgegeben wurde. 

Ankündigung des Konzils und die eigenen Kaplansjahre

Hammans erzählte: "Es wusste ja niemand genau, was ein Konzil sein sollte. Das letzte lag schon so lange zurück." So beschreibt er die ersten Reaktionen, als Papst Johannes XXIII. für alle überraschend am 25. Januar 1959 das Zweite Vatikanische Konzil ankündigte. Der 1932 geborene Hammans stand bei dieser Ankündigung kurz vor seiner Priesterweihe.

Begeistert war er als junger Kaplan einer der 2300 Teilnehmer am dritten deutschsprachigen Liturgischen Kongress, der 1964 in Mainz stattfand und schon die ersten Impulse aus dem Konzil aufnahm: "Welchen Sinn hat die heilige Liturgie im Heute und Hier des Christen?" (Die Furche, 20/1964). 

Von der Praxis in den Gemeinden wichen die Reformregelungen des Konzils noch weit ab: "Mit Nachdruck wird jene vollkommenere Teilnahme an der Messe empfohlen, bei der die Gläubigen nach der Kommunion des Priesters aus derselben Opferfeier den Herrenleib entgegennehmen", heißt es im Konzilsdokument "Sacrosanctum concilium" (SC 55). Demgegenüber war es in einer seiner Kaplansstellen genau eine Person, die anfangs kommuniziert. 

Kritische Aspekte

In seinem biografisch grundierten und fachlich fundierten Impulsvortrag ordnete Hammans Aspekte der Liturgiereform auch kritisch ein:

  • Die Umwendung der Zelebrationsrichtung vom Hochaltar zum Volk sei einer der großen Fortschritte des Konzils, damit seien zugleich die Erwartungen an die Person des Priesters gestiegen, der nun mit seiner Mimik und Emotion für die Gemeinde erkennbar sei.
  • Die Übersetzung von Gebeten aus der lateinischen Sprache mit ihrer Eleganz sei nicht immer geglückt.
  • Aus Mangel an einem Grundverständnis der zentralen Bestandteile der 
  • Die größere Bandbreite an liturgischem Liedgut, vor allem die Weitung durch die Lieder aus Taizé, sei zu begrüßen, einige deutschsprachige Lieder textlich nicht immer gelungen.

Die Diskussion kreiste auch um heutige Bestrebungen, vorkonziliare Formen der Eucharistiefeier neu zu beleben. Ein jüngerer Teilnehmer beschrieb, dass Menschen aus der Generation der heutigen Studierenden den Glauben nicht unbedingt von zu Hause mitbringen, sondern bewusst suchen, und einige die alte Form des Gottesdienstes dabei für sich entdecken und als passend empfinden. Allerdings konnten die meisten auch die Gründe nachvollziehen, aus denen Papst Franziskus die größeren Freiheiten zur Zelebration der traditionellen lateinischen Messe, die unter Papst Benedikt XVI. wieder allgemein erlaubt wurde, durch das Motu Proprio "Traditionis custodes" (2021) wieder stark einschränkte.

Lebenslauf

Dr. Herbert Hammans war nach seiner Priesterweihe im Juli 1959 erst Kaplan an St. Remigius in Viersen, dann an St. Mariä Himmelfahrt in Mönchengladbach. Von 1967 bis 1972 wurde er stellvertretender Leiter am Collegium Leoninum in Bonn und wechselte danach in den Bereich der Aus- und Fortbildung des pastoralen Personals im Bischöflichen Generalvikariat des Bistums Aachen, von 1988 bis 2004 leitete er die Hauptabteilung "Außerschulische Bildung". Von 2004 bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2007 hatte er das Amt des Dompropsts am Aachener Dom inne. In der gesamten Zeit 1972 bis 2015 diente er 43 Jahre lang den Menschen mit Behinderung im Aachener Vinzenz-Heim als Hausgeistlicher. Zusätzlich übernahm er von 1990 bis 2015 die Aufgabe als Ökumenebeauftragter des Bistums Aachen. 

Weitere "lebendige Bücher" in der Reihe "Das Konzil mit Leben füllen - Gespräche in der 'lebendigen Bibliothek' zum Zweiten Vaticanum"

Wie Bücher, die man ausleihen kann, teilen Menschen ihre Konzilsgeschichten mit den Gästen: zum Verlauf und den Ergebnissen des Zweiten Vatikanischen Konzils, zur Umsetzung im Bistum Aachen, aus eigener Forschung.

Die eigene Geschichte zum Zweiten Vatikanischen Konzil wird an diesen Terminen etwa aus der Perspektive eines Zeitzeugen erzählt, einer Wissenschaftlerin, die sich mit dem Konzil, seinem Verlauf und seinen Ergebnissen beschäftigt hat, einer weltkirchlichen Sicht aufgrund eigener Migrationsgeschichte oder Auslandsaufenthalten, und andere mehr.

In einer wohlwollenden Atmosphäre, bei Getränken und Knabbereien, besteht die Möglichkeit, mit den "lebendigen Büchern" in kleinen Gruppen in einen Austausch zu kommen.